Wenn-Dann-Training. Ungeliebte Gewohnheit zu mächtigem Werkzeug machen
Dem aktuell unerwünschten Tun sollte man womöglich dankbar für die Erinnerung sein. Wenn du dir angewöhnst dein unerwünschtes Verhalten als Erinnerung aufzufassen, hast du ein mächtiges Werkzeug dir ein neues Verhaltensmuster anzutrainieren. Anstatt also die alte Gewohnheit zu verteufeln, denkt man sich, dass die Lust an das Essen oder die Zigarette oder das Verhalten, welches ich ändern möchte, herangezogen werden kann als Hinweis. Man nimmt ihn freundlich auf. Danke. Man dreht es und nimmt es als Erinnerung irgendetwas zu tun, für das man sich bewusst entschieden hat. So das Wenn-Dann-Prinzip.
Der Psychotherapeut Gunther Schmidt hat es einmal Killer-Auftrag genannt, wenn ein Klient zu ihm kommt und er helfen soll, dass etwas aufhört oder weggeht. Und dieser Killer-Auftrag geht dann bei einer Konsultation an den Berater über. Und es funktioniert eben nicht, weil der Mensch nicht so gestaltet ist. Man braucht einen Ersatz. Wenn ich zu viel esse, muss ich erst einmal den geeigneten Ersatz suchen. Ob es beim zu viel Rauchen der Lolly sein muss, weiß ich nicht. Das kann und sollte individuell gestaltet werden, welche Ersatzhandlung man stattdessen wählt. Eine Erinnerung ist individuell und basiert auf der individuellen Erfahrung oder individuellen Vorlieben. Die individuelle Erinnerung ist am wirksamsten.
Je tiefer sich eine Gewohnheit eingeschliffen hat, desto mehr Möglichkeiten anstatt dagegen zu kämpfen, dieses eingeschliffene Verhalten entsprechend zu nutzen. Es handelt sich um eine starke Gewohnheit bzw. Erfahrung, die auch genutzt werden kann. Es kommt ja immer wieder automatisch. So kann ich die Erinnerung oder der Wunsch, der da aufkommt, oder die Gewohnheit dazu nutzen etwas zu tun, was ich jetzt möchte. Vielleicht war die alte Erfahrung oder Gewohnheit irgendwann, irgendwie nützlich. Man kann davon ausgehen, dass das alte Verhalten irgendwann nützlich war. Falls das alte Verhalten unter Zwang eingeübt wurde, dann hatte es wohl immerhin den Nutzen, keine Repressionen erleiden zu müssen. Dieser Nutzen ist heute vermutlich nicht mehr vorhanden.
Im Moment lässt sich dieses alte Verhalten mindestens als Erinnerung nutzen, weil es – wenn es sich immer wieder herein drängt – ja schon vorhanden ist. Diese ungeliebte Gewohnheit ist wie ein Werkzeug, um etwas anderes anzugehen. Schlechte Gewohnheit werden zu verlässlichen Werkzeugen der Erinnerung, könnte man so sagen. Grundsätzlich ist das der Ausgangspunkt, wenn man ein Wenn-Dann-Training durchführt. Ein Trainings-Satz fängt tatsächlich so an: „Immer wenn ich [das und das unerwünschte Tun] möchte, dann …“
Nun ist natürlich die Verknüpfung von Bedeutung, was denn genau erinnert werden soll. Was möchte ich denn eigentlich? Was möchte ich stattdessen, wenn ein gewisses Gefühl oder eine Situation aufkommt? Das Prinzip dahinter ist stets Vertrautes mit Neuem zu verknüpfen. Dies gilt für jedes Lernen. Das neue Verhalten sollte man sich mit der Erinnerung aus dem altem Verhalten merken. Kojak nahm immer den Lolly, wenn er rauchen wollte. Das wäre zumindest wohl das kleinere Übel. Vielleicht wäre besser man macht stattdessen ein paar sportliche Übungen oder Atemübungen. Nach dem Motto: Ah, danke für die Erinnerung! Wenn man abends aus unerwünschter Gewohnheit heraus noch etwas essen möchte, trinkt man vielleicht stattdessen ein Glas Wasser, was man vielleicht als gute neue Gewohnheit erkannt hat. Ah, danke für die Erinnerung! Es geht darum, dass man bestimmte neue gute Dinge tut. Oh, jetzt habe ich eine Erinnerung und jetzt verknüpfe ich das und anstatt dies oder jenes möchte ich jetzt z. B. ein Glas Wasser trinken.
Die neue Gewohnheit muss einem auch nicht unbedingt angenehm sein, aber hoffentlich zumindest neutral oder besser anders ausgedrückt, mindestens besser als die alte Gewohnheit. Ein Glas Wasser zu trinken kann neutral sein. Es kann aber auch lästig sein. Dann wäre es keine gute Ersatzhandlung. Tut die neue Gewohnheit gut, kann diese als Verknüpfung dienen. Ob die neue Gewohnheit wirklich gut ist, wie bei manchen groben Ersatzprogrammen, muss überprüft werden.
Ich habe es nur angewandt, weil alles andere nicht funktioniert hat. Es muss nicht logisch verknüpft werden. Es reicht, wenn es hilfreich ist. Selbst die sprachlich Umdeutung reicht schon, z. B. wenn du Angst vor spitzen Spritzen hast bzw. vor Nadeln hast, kannst du dir einfach einreden, jetzt bin ich bei einem SPITZENmediziner. Das ist eine hilfreiche Umdeutung. Oder irgendetwas, was vielleicht individueller ist für dich. Da bedarf es individueller Erfahrungen, die evtl. verknüpft werden können. Ich habe das selbst so angewandt und bei mir war es hilfreich. Es gibt auch verschiedene Methoden, die darauf beruhen und ganz sich unterschiedlich bezeichnen.