Konstruktiv kritisieren

Welche Situationen kennen Sie, in denen Sie kritisieren oder Feedback geben wollten, es sich aber verkniffen haben? Sicherlich ist es hilfreich auf gleicher Augenhöhe zu bleiben. Damit der Gesprächspartner nicht das Gefühl bekommt, dass Sie herablassend mit dem Finger auf ihn zeigen, gibt es ein paar Dinge, die Sie beachten können.
Vor ein paar Jahren gab es eine Firma, die sich mit ihrem Betriebsklima in die Schlagzeilen brachte: "Chefin verbietet Jammern im Büro". Die Unternehmenschefin verbot "Meckern und Jammern" per Arbeitsvertrag. Sie konnte mit dieser Meldung übrigens einen bemerkenswerten Werbeerfolg erzielen. Eine berufliche Situation in die Sie keine schlechte Stimmung bringen dürfen? Eine gute Freundin, die Ihnen auf die Nerven geht und Ihnen zu negativ ist? Ein Freund bei dem Sie feststellen, Sie reden aneinander vorbei?
Ich predige seit Jahren, nicht unbedingt jedem seine Meinung aufs Auge zu drücken, wenn derjenige nicht danach verlangt. Jedoch gibt es Situationen, bei denen wir richtig gehend kritisieren müssen oder wollen. Warum überhaupt kritisieren? Ist es wichtig? Muss ich das machen?
Warum kritisieren?
- Austausch von Informationen
- Sich Luft verschaffen
- Hinweise für den Kritisierten
- Durch Antwort möglicherweise Erkenntnisse für den Kritiserten
Ist es wichtig zu kritisieren? Ich sage ja, man muss auch einmal kritisieren. Schließlich muss man sich austauschen. Ich gebe Informationen.
Außerdem habe ich Emotionen. Ich war neulich in der Apotheke und wollte ein Medikament abholen. Es war nicht da. Es hieß, es sei am Nachmittag da, ich solle meine Telefonnummer hinterlassen. Man hatte mir versprochen anzurufen, was man allerdings nicht tat. Also kam ich einfach am nächsten Tag wieder. Ich sprach es an. Niemand hat sich bei mir entschuldigt. Ausflüchte. Ich bin offensichtlich auch nicht so trainiert. Da hätte ich auch gerne etwas gesagt. Hatte ich jedoch nicht. Wie machen wir das? Ich möchte noch öfter in diese Apotheke hingehen. Ich möchte weiterhin gut freundlich und sinnvoll bedient werden. Vielleicht fällt Ihnen gerade spontan Ihre eigene Geschichte ein.
Wann kritisieren?
- bei Hoffnung, dass sich etwas ändern könnte
- möglichst zeitnah zum kritisierten Vorgang
- Ja, überhaupt kritisieren?
Wann ist es wirklich sinnvoll, sich bemerkbar zu machen? Ich kann natürlich mein emotionales Innenleben mitteilen und mir Luft verschaffen. Fühle ich mich dabei hinterher besser? Auf der einen Seite ja, aber auf der anderen Seite auch nicht. Vielleicht bricht es einfach aus Ihnen heraus. Vielleicht klingt es hart: Wir sollten nicht wie Tiere reagieren und einfach losbrüllen, sondern versuchen, unsere Emotionen zu verbalisieren, insbesondere auch die Emotionen unseres Gegenübers zu erkennen und anzusprechen. Damit erreichen Sie viel mehr.
Gefahren der Kritik
- offener oder verdeckter Widerstand beim Kritisierten
- gegenseitige Beschuldigungen
- Verletztheiten
- Unangenehme Gefühle
- Unterschwellige Kommunikation
Sie wollen vielleicht jemandem Ihre Meinung sagen, sich Respekt verschaffen. Bei Kindern mag das vielleicht noch gehen. Grenzen setzen, heißt das dann. Ich sage, Sie können sich das auch sparen. Sicher, Sie können versuchen Ihr Gegenüber zu erziehen. Wenn es bei Ihnen eine Hoffnung gibt, dass Ihr Gegenüber einen Denkanstoß bekommt. Wenn Ihr Gegenüber allerdings keine Einsicht zeigt, verwenden Sie Ihre Energie, Ihre Zeit oder Ihre Nerven auf jemanden, der sich am Ende sogar gegen Sie wendet.
Vielleicht ahnen Sie, dass es vielleicht um etwas ganz anderes geht, als das, was Ihr Gesprächspartner äußert.
Wie kritisieren?
Eine Kritik kann verletzen. Eine Kritik kann schlechte Gefühle bereiten sowohl beim Kritisierten als auch beim Kritisieren. Eine Kritik kann Widerstand erzeugen, verdeckt oder offen. Sie kann auch in gegenseitige Beleidigungen und Herabwürdigungen enden, wenn sie in falschem Rahmen abläuft. Aber wie kann ich nun kritisieren?
• Gerade wenn es heikel wird. Beispiel der einfühlende Gesprächsführung sowohl vom Kritiker als auch vom Kritisierten:
Person A: „Auch wenn es Sie mich jetzt an die Wand klatschen könnten: Die von Ihnen mitgeteilten Zahlen scheinen mir sehr hoch.“
Person B: „Sie sind also skeptisch, was die Zahlen anbelangt.“ oder „Sie bezweifeln die Richtigkeit der Zahlen“ „Sie vertrauen mir im Moment nicht“ oder „Sie halten meine Ausführungen nicht für Vertrauenswürdig“
Merken Sie etwas? Auch im Geschäftsleben spielen Emotionen eine entscheidende Rolle, in diesem Beispiel einerseits Ärger und andererseits Skepsis, Zweifel, Misstrauen bzw. Vertrauen, etc.
• "Sachliche Kritik" äußern. Geht das: objektive Kritik? Nein, Feedback ist meiner Meinung nach immer bewertend und subjektiv. Wie vertrauensvoll können Ausflüchte sein? Sie erweisen sich als zuverlässig, wenn Ihre Meinung gefragt ist und Sie diese ehrlich äußern, also mit Ihrer möglicherweise eigentlich längst fälligen Meinung nicht hinter dem Berg halten. Tipp: Sprechen Sie Sie die Emotion an, die Sie beim anderen befürchten, bevor Sie die eigentliche Kritik anbringen: "Auch wenn Sie jetzt vielleicht enttschäuscht sind, mir hat Ihre Präsentation nicht gefallen. Ich würde mir wünschen, Sie würden nächstes Mal ...".
• Überlegte Reaktionen beim Gesprächspartner fördern. Vorabnennung der erwarteten emotionalen Reaktion schwächt diese Emotion ab. Die Bewusstheit versetzt uns als Kritisierten in die Lage, zu unseren Gefühlen eine gewisse Distanz einzunehmen.
• Versuchen Sie wenn immer möglich zeitnah zu kritisieren.
• Sprechen Sie direkt mit der entsprechenden Person. Dies ist keine Aufgabe, die Sie delegieren sollten. Missverständnissen sind sonst Tür und Tor geöffnet.
• Was ist mein Ziel bei mit Ihrer Kritik? Gehen Sie folgende Checkliste durch:
S pezifisch
M essbar
A usführbar
R ealistisch
T erminiert
• Akzeptables Zeitfenster für das Gespräch erreichen durch Nennung der Zeit am Anfang. Gemeinsames Ziel?
• Ebenfalls sehr wichtig: Sprechen Sie für sich für sich und nicht insgeheim für die Gesamtheit. Spezifizieren und personalisieren Sie! Auch beim Lob! Nicht "Das war sehr gut!", sondern "Mir gefiel Ihre Präsentation sehr!". Sie sprechen nur für sich. Falls nicht, erwähnen Sie die Personen, für die Sie sprechen, z. B. "Alle, die ich bisher gefragt habe, fanden Ihre Präsentation sehr gut!"